
Die Sprache in Rists Dramen ermöglicht es dem Publikum, die Figuren regional (z.B. Norddeutschland), nach ihrer Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe (Adlige, Soldaten, Bauern) oder einem bestimmten Milieu (Soldaten, Höflinge) zu verorten. Auch kann je nach Situation (Liebeswerbung, Selbstdarstellung) die Sprache variieren. Schließlich werden ganze Sätze oder einzelne Wörter aus anderen Sprachen (Latein/Französisch) verwendet.
Die Sprache kann der Charakterisierung der Figur, z.B. des Aufschneiders, dienen, aber auch eine bestimmte Sprachpraxis parodieren und kritisieren. [1]
Als Beispiele sollen Passagen aus dem Schauspiel „Das Friedejauchzende Teutschland“ dienen.
Der besonnene Offizier Degenwerth bedient sich eines an die Schriftsprache angelehnten Hochdeutschs, er verwendet eine komplexe Syntax und vermeidet in seiner Wortwahl Fremdwörter. So stellt er sich selbst im ersten Zwischenspiel vor:

„Ich habe mich schon sechzehen gantzer Jahre beym Kriegeswesen auffgehalten, in welcher Zeit ich manchen sauren, auch wol manchen guten Tag zum End gebracht; viel gesehen, viel gehört und erfahren, bin aber nunmehr des Soldaten=Lebens so müde, als hätte ichs mit Löffeln gessen; wünsche demnach von Hertzen, daß ich einmal möge zur Ruhe kommen, und der Süssigkeit des hochverlangten, lieben Friedens würklich genießen; zu welches Wiederbringung gleichwol bey dieser Zeit dem schier gar zu Grunde gerichteten, krafftlosen Teutschlande sehr gute Hoffnung wird gemachet; wie denn auch viel hundert tausendt Seelen auß innerster Begierde ihrer Hertzen täglich darnach seufftzen.“ [2]
Es darf bezweifelt werden, dass dies eine bühnentaugliche Sprache war, weshalb denn auch das ganze Schauspiel etwas papieren wirkt (und beim Publikum auch kein Erfolg war).
Die Ausdrucksweise entspricht jedoch ganz den Vorstellungen Rists von einer guten deutschen Sprache:
„Dannenhero ich mich auch jederzeit so wohl im reden als im schreiben auffs höheste befleissige/daß ich kein eintziges frembdes auslendisches Wort/weder auff der Zungen noch auch in der Feder führe (es geschehe denn aus Kurtzweil und die Almodisten zu verhönen) damit ich unserer Edlen Teutschen Sprache keinen unauslöschlichen Schimpff und Verachtung dadurch beybringe […].“ [3]
Der Gegenspieler von Degenwerth ist Sausewind, eine Figur, die in beiden Stücken (FwT, FjT) vorkommt. Er brüstet sich mit seinen Erfolgen bei Frauen, stellt seine vermeintlichen militärischen Heldentaten vor und karikiert sich damit selbst:
„Ich hatte allein für meine Person dreymal hundert tausendt Ohren von den Tartern an eine Schnur gezogen, welche ich zum Beweise mit heraußbringen wolte, denn es sonst die Leute in Teutschland schwerlich solten glauben, daß wir des Lumpengesindels so viel niedergemetzelt. Es sind mir aber alle diese Ohren in einer Nacht von den Katzen […] in der letzten Herberge aufgefressen und verzehret worden.“ [4]
Sausewind ist ganz alamodisch gekleidet, sein Äußeres korrespondiert mit einer Sprache, die mit einer Menge französischer und lateinischer Wörter und Floskeln durchsetzt ist, die er selbst kaum versteht. So äußert er seine Erwartungen an das Soldatenleben (FwT):
„Da wil ich denn, mit den vornehmsten Kavallieren Brüderschafft machen und sauffen, daß mir der Halß krachet. Ja, dann wil ich frisch anfangen zu huren und courtesiren. Par ma foi, wo mir nur eine schöne Dame zu Gesicht kommet, wil ich alsobald Haken anschlagen; denn
ich ohne das bei dem Frauenzimmer so beliebet bin, dass sich offt ihrer zehen, ja wol mehr auff einmal um mich gezanket und gerissen haben. […] Wenn ich mir denn mit tribuliren, Baurentrillen, spielen, sauffen schossiren u. dgl. lustigen Uebungen einen braven Namen gemachet, so ist alsdenn kein Zweifel, ich werde gar leicht zu einer hohen Charge gezogen werden. Es hilft ohne das im Kriege zur Beförderung am meisten, daß einer seiner soldatischen qualiteten halber Vielen bekant sey. [5]
Eine fremdwörterstrotzende Sprache, wie sie hier in parodistischer Absicht eingesetzt wird, wird von Rist schon in der Vorrede zum FjT aufs schärfste kritisiert:
„Im übrigen/bin ich der gäntzlichen Meynung/daß sehr viele Sausewinde hin ünd wieder in der Welt zu finden/[…]welche […] in ihren Gesprächen mit einem Hauffen fremder /außländischer Wörter/wie der Sausewind/Mars/Staatsmann und andere tolle Alamodisten in unserem Schauspiele thun/schier alle Augenblicke üm sich werffen/und unsere alleredelste/Teutsche Mutter und Heldensprache schändlich dadurch verunreinigen.“ [6]

Auch über die Sprache zweitrangiger Poeten seiner Zeit macht sich Rist im FjT lustig: Im zweiten Zwischenspiel wirbt Sausewind als Kavalier erfolglos um Rosemund, ein Bauernmädchen. Dieses und ihr Liebhaber machen Sausewind weis, er müsse, da seine Geliebte zur Schäferin geworden sei, nun ebenfalls Schäfer werden und als Philauton (Eigenliebe) mit poetischen Worten um sie werben.
Solche Schäferspiele waren im Barock sehr beliebt, die Schäferdichtung eine eigene Literaturgattung, für die Rists Dichterkollegen, insbesondere im Pregnesischen Blumenorden, berühmt waren.
Indem er Sausewind als Schäfer mit „überbordendem Gebrauch rhetorischen Mittel“ [7] um seine Angebetete werben lässt, nimmt Rist die gekünstelte Poesie schlechter Nachahmer aufs Korn und spart nicht an Superlativen, Reihungen, Metaphern:

„Ihr großmächtigsten Kayser, Könige und Printzen, behaltet nun eure hochgerühmte Herligkeit, Pracht, Macht, Wollust und Freude. Sehet, diese eintzige himmlische Rosemund ist mein Kayserthum, mein Königreich, meine Ergötzung, Ehre und Herlichkeit. O, des himmelsüssen Lippenthaues, welches auff der nektarischen Zungen schwebet! Ist es nicht müglich, allerliebste Schäferinn, daß sie mir von dieser edlen Feuchtigkeit, von diesem honigsüssen Thau ihres Mündleins nur ein einziges Fächlein meiner Balsambüchsen mag anfüllen?“ [8]
Erfolgreich ist Sausewind mit seiner Werbung nicht. Im Gegenteil: Die für das Spiel benötigten Schafe wurden ohne Sausewinds Wissen den Bauern entwendet. Als diese die Tiere beim Kavalier vorfinden, halten sie ihn für einen Dieb und versetzen ihm eine ordentliche Tracht Prügel.
Die Soldaten werden vor allem durch ihre wüsten Flüche charakterisiert, ihre Sprache ist außerdem mit aus dem Französischen entlehnten militärischen Fachbegriffen wie „General“, „Muskete“ oder „marschieren“ durchsetzt. Knapkäse, eine Figur aus dem Perseus, ist die Karikatur eines Kompaniehauptmanns. Als er den Bauern Laban für seine Truppe anwirbt, erklärt er ihm:
„Daneben musst du auch brav fluchen lernen, dann das steht fein Soldatisch, wenn man wacker mit Teufeleien und Elementen um sich wirft. Und wenn du schwören willst, musst du nicht so grob Deutsch „bei Gott“ oder „auf mein Seel“ sagen, sondern fein Französisch: „Pour Dieu“ [9]
Besondere Aufmerksamkeit verdient die Sprache der Bauern. Sie sprechen Plattdeutsch, nicht ein bestimmtes, z. B. Holsteiner Platt, sondern eine Mischung aus regional unterschiedlichen niederdeutschen Wendungen. Die Übergänge zwischen der Sprache der Bauern und der Soldaten sind fließend, wechseln doch einzelne Bauern in den Schauspielen in den Soldatenstand. Die Sprache der Bauern ist einfach und grob, durchsetzt mit den derbsten Ausdrücken. Im FjT reagieren die Bauern gar nicht begeistert auf die Nachricht Degenwerths, dass nun Frieden werden soll. Sie haben sich, so lässt es Rist im ersten Zwischenspiel erscheinen, mit der Gesetzlosigkeit des Krieges abgefunden und ziehen ihren Vorteil daraus. Nicht ohne Selbstironie lässt Rist, der Pastor einer ländlichen Gemeinde, die Bauern ihre Einstellung ausführen. Die Aussicht, wieder wie vorher der Obrigkeit gehorchen und regelmäßig die Kirchenbank drücken zu müssen, begeistert sie gar nicht:

Hört, Munsör, wen jy id nich wehtet, so mutt il id juw seggen: Nu id Krieg is, und dat use Ovrigkeit usk nichts to befehlen heft, de Kriegers usk Ook so rechte veel nich mehr to brüen und tho scheren fahtet (fatet, fassen), wen wie man dem Böversten (Böversten, Obersten) und den anderen Affencerders (Offizieren) unse Tribuergelder tideß genog bethalen, so möge wi dohu allent, watt wi wilt; dar möge wi so wol des Sondages und hillige Dages, als des Warkeldages mit Wagen und Pagen (Page, Pferd), Ossen und Töten (Töte, Kuh) Junges unde Dereenß ( Deren, Mädchen) warken unde arbeiden, könt ok alle de Fyrdage (Fyrdage, Feiertage) ane (ahue, ohne) grohte Versümnisse hüpsken, in den Krog gahen unde den heelen (heel, heil, ganz) Dag lüstig herüm teeren (teeren, zehren, zechen), tovören müste wi vaken des Schöndage Morgenß twe heele Stunde in der Karken sitten, datt enen de Ribben im Live weh deden; [10] (Übertragung s. Anhang)
Rist sah auch 1653 noch den Frieden mit Skepsis, FjT läuft darauf hinaus, dass er nur durch ein gottesfürchtiges Leben erlangt werden könne. Die Bauern werden bei Rist als Grobiane und Dummköpfe dargestellt und keineswegs als die Hauptleidtragenden des Krieges. In den Zwischenspielen wird das Lächerliche hervorgehoben, die Unterhaltung steht im Vordergrund.
In der Vorrede zum FjT rechtfertigt Rist seine Darstellung der Bauern:
„[…] Dabey nun muß man keine andere Art zu reden führen/als eben die jenige / welche bey solchen Personen / die auf dem Spielplatz erscheinen / üblich. Zum Exempel: Wenn ein Niedersächsischer Baur mit der Hochteutschen Sprache bey uns kähme aufgezogen / würd es fürwar leiden seltzam klingen / noch viel närrischer aber würde ein solches Zwischenspiel den Zuschaueren fürkommen / darin man einen tollen / vollen Bauren und fluchenden Dreweß / als einen Andächtigen betenden und recht Gottseligen Christen aufführete. […] Ja sprichstu: Deine Bauren gebrauchen sich gleichwol gar unhöflicher Reden / für welchen ehrbare Leute etwas Scham und Abscheu haben / könte man die nicht hinweg lassen / oder ein wenig subtiler beschneiden? Nein / vielgeliebter Leser: Was hat man doch von einem übelerzogenem / groben Tölpel und Baurflegel / von einer unflätigen und versoffenen Sau für Höflichkeit zuerwarten? […] der Vogel singet nicht anders / als wie ihm der Schnabel gewachsen.“ [11]
Wie schon bei der Sprache der Alamodisten überzeichnet Rist die Sprache der Bauern und der Soldaten, um eine komische Wirkung zu erzielen. Es geht ihm nicht nur um Nachahmung. Damit knüpft er an Theatertraditionen an, die durch die Wanderbühnen verbreitet wurden: von Hans Wurst, über Falstaff bis zu den komischen Figuren der Fastnachtsspiele.

1 Vgl. dazu: Schröder, Ingrid, Sprachliche Heterogenität in den Dramen Rists, in: Steiger, Johann Anselm (Hrsg.) Bernhard Jahn (Hrsg.), Johann Rist (1607 bis 1667) Profil und Netzwerke eines Pastors, Dichters und Gelehrten, De Gruyter, 2015, S. 205-230
2 Risten, Johann, Das FwT und Das FjT, Augsburg 1864, Nachdruck London 2017, S. 125f.
3 Zit. nach Ingrid Schröder a.a.O. S. 215
4 Risten, Johann a.a.O. FjT, S. 123
5 Risten, Johann a.a.O. FwT S. 56
6 Zit. nach Schröder, Ingrid a.a.O. S. 216
7 Schröder, Ingrid a.a.O. S. 217
8 Risten, Johann a.a.O. FjT S. 178
9 Rist, Johann Perseus a.a.O., S. 15
10 Risten, Johann FjT, a.a.O., S. 179f. Hört Monsieur, wenn ihr es nicht wisst, so muss ich es Ihnen sagen: Nun, da Krieg ist, und unsere Obrigkeit uns nicht zu befehlen hat, die Krieger uns auch so recht viel nicht mehr ausplündern, wenn wir nur dem Obersten und den anderen Offizieren unsere Tributgelder rechtzeitig genug bezahlen, so können wir alles tun, was wir wollen. Da können wir sowohl des Sonntages und der Feiertage als des Werktages mit Wagen und Pferd, Ochsen und Kühen, Jungen und Mädchen werken und arbeiten, können alle die Feiertage ohne große Versäumnisse hübsch in den Krug gehen und den ganzen Tag lustig herumzechen. Vorher mussten wir wegen des Sonntags morgens zwei ganze Stunden in der Kirche sitzen, dass einem die Rippen im Leib weh taten.
11 Zit. nach Schröder, Ingrid S. 223